Was der Bauer nicht kennt…

News: Medizin

Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. Marcus Mau.

Medikamente müssen in Farbe und Form einen hohen Wiedererkennungswert haben, damit Patienten therapietreu bleiben. Generika, obwohl wirkgleich, haben hier oft einen Nachteil – mit durchaus ernsten Folgen.

Generika gleichen in ihrer Zusammensetzung und Wirkung bekanntlich dem Originalpräparat und sind als günstigeres Ersatzprodukt austauschbar. Wer häufiger Generika verordnet bekommt, weiß aber, dass sich trotz Wirkgleichheit die einzelnen Präparate mit dem selben Wirkstoff in Farbe, Größe und Form stark unterscheiden können. Doch warum ist das so? Nun, in erster Linie sind es komplizierte Patentangelegenheiten, die es einem Generikahersteller verbieten, ein ähnlich aussehendes Produkt mit gleicher Wirkung wie das Original herzustellen. Bekannt ist Ihnen als Leser ein solcher Patentstreit sicher noch vom ewigen Tauziehen zwischen zwei Mobilgeräte-Titanen.

Neues Aussehen bei gleicher Wirkung verwirrt

Unter anderem aufgrund von Rabattverträgen und spezieller Verordnungen ist es in Deutschland gängige Praxis, dass in der Apotheke andere Präparate abgegeben werden als auf dem Rezept vermerkt sind – sogar oft ohne Wissen des behandelnden Arztes. Das unteschiedliche Aussehen verwirrt viele, vor allem die älteren Patienten, und hat unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf die Therapietreue (fachlich: Compliance). Die Folge: Tabletten werden nicht richtig oder gar nicht mehr eingenommen. Dass das Erscheinungsbild die Therapietreue beeinflusst, hat jetzt eine Studie aus den USA bestätigt: Die Compliance bei Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, sinkt demnach mit Änderungen in Farbe und Form des Medikaments. „Nach einem überstandenen Herzinfarkt ist meist eine langjährige Medikamenteneinnahme zwingend erforderlich. Brechen Patienten die Therapie vorzeitig ab, steigt das Risiko zu versterben“, erklärt Prof. Aaron S. Kesselheim (Brigham and Women‘s Hospital, Harvard Medical School, Boston, USA), der Koordinator der vorliegenden Studie.

Patienten mögen ihre Pillen

Die Therapietreue hängt der Studie zufolge vor allem auch von der gewohnten Erscheinung der Tablette ab. Insgesamt wurden die Versicherungsdaten von 10.000 Patienten ausgewertet, die zwischen 2006 und 2011 nach überstandenem Herzinfarkt mit der üblichen Medikamentenkombination aus generischen Betablockern, Angiotensin-II-Rezeptorblockern oder Cholesterinsenkern weiterbehandelt wurden. Die Epidemiologen suchten nach Zeiten von Therapieunterbrechungen als direkte Folge von Veränderungen im Aussehen des verordneten Medikaments. Im Ergebnis stieg die Wahrscheinlichkeit eines Therapieabbruchs um 34 %, wenn sich die Farbe des Präparates änderte, und um 66 % nach Änderungen bei der Tablettenform.

Quellen:
Kesselheim A et al. Ann Intern Med. 2014;161:96-103. doi:10.7326/M13-2381
DER PRIVATARZT Ausgabe 4/2014

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