Der Mensch: Das "homosoziale" Wesen

News: Psychologie

Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. Marcus Mau.

Der Mensch braucht seine sozialen Bindungen, um zu überleben. „Homosexuelles Verhalten bot in der Evolutionsgeschichte des Menschen sehr wahrscheinlich die Möglichkeit, solche Bindungen überhaupt erst stabil ausbilden zu können“, sagt Dr. Diana Fleischman von der University of Portsmouth in England.
                                                                         
Fleischman und ihr Team untersuchten, inwieweit der Progesterongehalt bei Frauen und Männern mit homosexuellem Verhalten und allgemein auch mit dem Aufbau von zwischenmenschlichen Beziehungen zusammenhängen könnte. Schwul oder lesbisch bedeutet gleich mehr Progesteron? So einfach ist es nicht.

Progesteron macht empfänglicher für homosexuelles Verhalten
Dr. Fleischman und ihr Forscherteam untersuchten zuerst 92 heterosexuelle Frauen und bestimmten deren Progesteronwerte im Speichel. Je mehr vom Hormon zu finden war, desto höher war auch die erklärte Bereitschaft der Frauen, sich auf andere Frauen einzulassen, z.B. durch einen Kuss.

In einer weiteren Studie untersuchten die Wissenschaftler 59 heterosexuelle Männer auf ihren Progesterongehalt. Die Männer wurden zudem in drei Gruppen aufgeteilt und mussten an Wortspielen teilnehmen, bei denen sie Worte der Freundschaft, der Sexualität oder neutrale Worte ergänzen mussten. Solche Probanden, die sich mit Freundschaften auseinandersetzten, zeigten eine um 26 % größere Bereitschaft zu homosexuellem Verhalten als die Männer der anderen beiden Gruppen. Diejenigen Männer, die sowohl einen hohen Progesteronwert hatten als auch mit dem Konzept von Bindung und Freundschaft umgingen, hatten sogar eine um 41 % höhere Motivation, sich anderen Männern anzunähern.


Ist Homosexualität wichtig für das menschliche Miteinander?
Dr. Diana Fleischman von der Universität Portsmouth (England) sagt ja.
(Bildquelle: Lara Dengs/pixelio.de)
Homosexualität festigt auch im Tierreich soziale Bindungen

„In unserem Fall denken wir über Sex sehr oft, dass er einzig der Fortpflanzung nützt. Jedoch ist Sexualität etwas sehr Intimes und äußerst Angenehmes. Sexuelles Verhalten dient vielen Tieren, insbesondere den Affen und uns Menschen als probates Mittel, enge Beziehungen aufzubauen und diese auch aufrechterhalten zu können“, sagt Dr. Fleischman. Am besten sehe man das daran, dass Paare noch immer zusammenbleiben, obwohl sie gar keine Kinder bekommen können.

Menschen haben genau wie die großen Affenarten Sex nicht nur zum Zweck der Fortpflanzung. Die Gründe, mit einem Partner eine sexuelle Bindung einzugehen, sind vielfältig und reichen von angenehmen Gefühlen über die Belohnung bis hin zur Dominanz anderer. Homosexuelles Verhalten tritt dabei gleichberechtigt mit der heterosexuellen Beziehungspflege auf. „Beim Menschen zeigen sogar diejenigen sehr oft Bereitschaft zu gleichgeschlechtlichem Sex, die sich selbst nicht als homosexuell bezeichnen würden“, schließt Dr. Fleischman.

Die Abhängigkeit von vertrauensvollen und freundschaftlichen Bindungen zu anderen Menschen erhöht unsere Bereitschaft, homosexuelles Verhalten zuzulassen. Homoerotische Gedanken zu haben, heißt nicht zwingend, diese auch ausleben zu müssen. Doch für stabile soziale Bindungen in unserer Gesellschaft scheinen sie wohl früher wie heute grundlegend und notwendig.
 
Progesteron: Was ist das?
Progesteron wird in den Eierstöcken der Frau und in den Nebennieren des Mannes gebildet. Es ist eigentlich das Schwangerschaftshormon und verhindert während der Entwicklung des Kindes eine erneute Schwangerschaft. Es ist aber auch ein wichtiges Hormon, welches uns Menschen freundlich und mitfühlend macht, sodass wir uns auf andere einlassen können. Progesteron gilt deshalb als ein wichtiger Schlüssel für Freundschaft und enge Bindungen.
 

Quelle:
Fleischman DS et al. 2014. Testing the affiliation hypothesis of homoerotic motivation in humans: the effects of progesterone and priming. Archives of Sexual Behaviour; DOI 10.1007/s10508-014-0436-6

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