Tod durch Koffein: Gibt es sowas?

News: Medizin

Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. rer. nat. Marcus Mau.

Im Mai 2017 titelte Spiegel online „16-Jähriger stirbt an Überdosis Koffein“. Er trank innerhalb von nur zwei Stunden mehrere koffeinhaltige Softdrinks und war kurze Zeit später tot. Angeblich war der Junge zuvor weder den Drogen noch Alkohol besonders zuträglich gewesen, ebenso wenig hatte er Vorerkrankungen. Was ist dran an diesem Fall?
Mehrere US-Medien zitierten den zuständigen Gerichtsmediziner, Gary Watts, demnach der Junge am 26. April innerhalb von zwei Stunden eine große Flasche Mountain Dew, einen Cafè Latte und einen Energy Drink getrunken hatte. Mountain Dew ist dabei ein sehr stark koffeinhaltiges Zitronengetränk auf Limonadenbasis. Wenig später brach der Jugendliche im Klassenzimmer zusammen und erlag einem Herzstillstand; ausgelöst durch das Koffein in den Erfrischungsgetränken?
Fakt ist, dass koffeinhaltige Getränke häufig ebenso viel Koffein enthalten wie Kaffee, teilweise auch mehr. Sie werden aber, anders als der Kaffee, sehr viel schneller, in größeren Mengen und sehr oft in Kombination mit Alkohol konsumiert, woraus sich gewisse Risiken ergeben, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 2014 in einer großangelegten Studie aufdeckte. Eine Überdosis Koffein, so heißt es im Bericht der WHO, könne zu Herzrasen, Hypertonie, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen und im schlimmsten Fall auch zum Tode führen.

Die Studienlage ist dünn

PD Dr. med. Magnus Baumhäkel, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit e. V. (DGMG) und Kardiologe aus Saarbrücken, merkt hierzu an: „Es liegen nur wenige Studien bezüglich der Assoziation von Koffein und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Wir wissen aber, dass ein moderater Koffeingenuss das Risiko für einen kardiovaskulären Tod sogar reduzieren kann.“
„Die heutzutage gebräuchlichen Energy Drinks beinhalten teilweise sehr hohe Koffeinkonzentrationen und werden darüber hinaus häufig zusammen mit Alkohol eingenommen. Ausreichende Daten bezüglich möglicher Herz-Kreislauf-Komplikationen liegen hierzu bislang nicht vor. Es gibt jedoch Hinweise auf z. B. eine erhöhte Gerinnbarkeit des Blutes bei exzessivem Genuss von Energy Drinks“, so Baumhäkel weiter.
Den vorliegenden Fall aus den USA bewertet PD Dr. Baumhäkel wie folgt: „In dem vorliegenden Fall ist eine Einschätzung sehr schwierig. Wir wissen nicht, ob vielleicht doch eine, bislang unentdeckte, Herzerkrankung vorgelegen hat. Vor allem genetische Störungen des Reizleitungssystems des Herzens bleiben oftmals lange unentdeckt, können aber bei Belastungen wie kompetetivem Sport, aber auch bei erhöhtem Koffeingenuss zu Herzrhythmusstörungen bis hin zu einem Herzstillstand führen.“
Das Fazit des Experten: Ein moderater Koffeingenuss ist sicherlich nicht schädlich. Exzessiver Genuss sollte jedoch vermieden werden.

Süße Verlockungen durch Energy Drinks

Die vermeintlichen „Energiebomben“ bergen neben dem Koffein durchaus noch weiteres Ungemach, wie die WHO ebenfalls in den vergangenen Jahren wiederholt erklärte. So ist etwa der süße und anziehend fruchtige Geschmack vieler solcher Erfrischungsgestränke gerade für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen sehr attraktiv. Dies ist ebenfalls ein Grund, weshalb die Kombination aus Energy Drink und Alkohol so gefährlich ist. Der süße Geschmack verdeckt vielfach den Alkoholgeschmack deutlich, wodurch größere Mengen des Getränke-Mixes in kürzerer Zeit konsumiert werden.
Wenn auch der Zusammenhang zwischen Energy Drink mit oder ohne Alkohol und dem Herztod weiterhin nicht sicher geklärt ist, lassen die folgenden Konsumdaten doch zumindest aufhorchen: Einer Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach, konsumieren in der Hauptsache junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 29 Jahren Energy Drinks in Kombination mit Alkohol; immerhin taten dies 71 % der Befragten in der zitierten Studie.
Einer Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2014 zufolge nimmt der durchschnittliche Diskothekenbesucher etwa einen Liter Energy Drinks gemischt mit Alkohol zu sich. In Einzelfällen waren es sogar bis zu fünf Liter innerhalb von 24 Stunden!

Bereits Kinder greifen zum Energieschub aus der Flasche

Die bereits zuvor zitierte EFSA-Studie aus dem Jahr 2013 belegte ferner, dass jedes fünfte Kind in Europa im Alter zwischen sechs und zehn Jahren Energy Drinks konsumierte. Unter diesen Kindern gab es zudem bereits Vielverzehrer, welche wöchentlich etwa vier bis fünf Mal einen knappen Liter koffeinhaltige Erfrischungsgetränke zu sich nahmen.
In einem Bericht der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2014 wird dazu ein Kinderkardiologe zitiert, der ein erhöhtes Risiko für solche Kinder sah, die längerfristig und wiederholt hohe Mengen Energy Drinks zu sich nahmen. Die Folgen können Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Kardiomyopathie sein. Letzteres ist eine Verdickung des Herzmuskels, die unbehandelt nach einiger Zeit zum Tode führen kann.

Fazit

Bisher gibt es zu wenige Studien, um zweifelsfrei zu klären, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen koffeinhaltigen Energy Drinks und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt.
Dennoch kann ein Gesundheitsrisiko bei regelmäßigem und hohem Konsum koffeinhaltiger Erfrischungsgetränke gerade für Kinder, Schwangere, Stillende und koffeinempfindliche Personen nicht generell ausgeschlossen werden, was sowohl die WHO als auch das BfR einstimmig feststellen.
Inwieweit der Konsum koffeinhaltiger Drinks beim vorliegenden Fall eines 16-jährigen Jungen aus den USA ursächlich mit dessen plötzlichem Herztod zusammenhängt, kann derzeit nicht abschließend geklärt werden. Aus Expertensicht ist jedoch ein moderater Koffeingenuss per se sicher nicht schädlich. Der exzessive Konsum allerdings ist zu vermeiden.
Quellen:
bfr.bund.de/de/presseinformation/2016/07/energy_drinks__wann_besteht_ein_risiko_-196544.html
spiegel.de/panorama/usa-16-jaehriger-stirbt-an-ueberdosis-koffein-a-1147852.html
test.de/Energy-Drinks-WHO-Forscher-warnen-4777079-0/

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