Hirntumor: Methadon ist wohl nicht der besagte Heilsbringer

News: Medizin

Gastbeitrag der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, für Sie aufbereitet von Dr. rer. nat. Marcus Mau.

Viele Glioblastom-Patienten werden infolge der sehr positiven Berichterstattung in Deutschland mit Methadon behandelt und zwar ohne wirklich Datengrundlage aus klinischen Studien. Neueste Forschungsergebnisse aus der Zellkultur sprechen nun jedoch ganz entschieden gegen eine Wirkung dieser Substanz bei bösartigen Hirntumoren.

Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) stellten auf dem 33. Deutschen Krebskongress vom 21. bis 24. Februar 2018 in Berlin ihre experimentellen Befunde vor. „Die aktuellen Daten widerlegen die Hypothese, dass Methadon beim Glioblastom die Wirkung einer Chemotherapie in der Zelle verstärkt“, kommentierte Prof. Dr. med. Uwe Schlegel, einer der federführenden Autoren für die Leitlinie „Hirntumoren“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Hirntumor-Experten der DGN raten deshalb derzeit davon ab, Methadon außerhalb von kontrollierten klinischen Studien einzusetzen.

Glioblastome zählen zu den Krebserkrankungen mit besonders schlechter Prognose. Hoffnungen auf den Nutzen von Methadon als begleitende Therapie, welche die Wirkung von Chemotherapeutika beim Glioblastom verstärken soll, haben viele Patienten und Angehörige zuletzt stark verunsichert. Zahlreiche Patienten fordern Methadon ein, obwohl es keine wissenschaftlich gesicherten Belege für seine Wirksamkeit beim Glioblastom gibt.

Für eine aktuelle Studie untersuchten die Forscher im Labor den spezifischen Effekt von Methadon auf Glioblastomzellen. Dafür behandelten sie Zellkulturen des bösartigen Hirntumors – entweder mit dem Chemotherapie-Medikament Temozolomid allein, mit Methadon allein oder mit einer Kombination aus Temozolomid und Methadon. Unbehandelte Zellkulturen dienten als Kontrolle.

Andockstellen für Methadon fehlen
„Leider mussten wir feststellen, dass Methadon die Wirksamkeit der Chemotherapie nicht verstärkte. Das Opioid hatte keinerlei sensibilisierende Wirkung für die bei Glioblastomen eingesetzte Standardtherapie mit Temozolomid. Auch Methadon allein hat keinen nachweisbaren Effekt auf das Überleben oder Sterben der Krebszellen“, erklärte der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Dr. med. Wolfgang Wick, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

Die Forscher fanden zudem eine mögliche Erklärung für die fehlende Wirksamkeit von Methadon: In der überwiegenden Mehrzahl der Zellen von humanen Glioblastomen fehlte die spezifische Andockstelle, der Opioidrezeptor, für das Medikament. Ohne Andockstelle an der Krebszelle kann Methadon keine Anti-Tumor-Wirkung entfalten.

„Opioidrezeptoren sind offenbar recht exklusiv auf spezialisierten Nervenzellen exprimiert“, erläuterte Prof. Schlegel weiter. „In der aktuellen Studie ist mit Zellen gearbeitet worden, die der Situation beim Patienten ähnlich sind“, so der Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Bochum. „Sie besitzen ebenso wie reale Glioblastome im Menschen keine Opioidrezeptoren und können deshalb überhaupt nicht auf Methadon ansprechen.“

Fazit

Diese neuen Erkenntnisse sprechen gegen den Einsatz von Methadon als unterstützende Behandlung zur Chemotherapie bei Glioblastom. „Außerhalb von klinischen Studien ist von einer „supportiven“ Methadon-Therapie des Glioblastoms dringend abzuraten“, betonte Schlegel abschließend. Auf die Wirkung von Methadon auf andere Tumorentitäten oder Chemotherapien lässt sich aus den Ergebnissen allerdings nicht schließen.

Quelle
Latzer P et al., Methadone does not increase toxicity of temozolomide in glioblastoma cells. Poster 33. Deutscher Krebskongress, 21.–24. Februar 2018, Berlin; Oncol Res Treat 2018; 41(suppl 1): 1–221

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie vom 28.02.2018

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