Prostatakrebs: Welche Behandlung darf’s denn sein?

Die Therapielandschaft des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC) ist dank neuer Kombinationstherapien komplexer geworden, ermöglicht andererseits aber auch eine größer werdende Individualisierung der Tumortherapie. Und welche Rolle könnte die erwartete Triplett-Therapie hierbei spielen? Frau PD Dr. Jozefina Casuscelli erklärt es uns im ideen & wissen-Podcast.


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(Copyright Musik: Scomber; Wait here for you (ft. Snowflake & Stefan Kartenberg) ccMixter; http://dig.ccmixter.org/files/scomber/62727)


Die Androgenentzugstherapie, oder ADT-Monotherapie, ist längst kein Standard mehr in der Behandlung des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC). Dennoch wird sie weltweit noch etwa jedem zweiten Mann mit mHSPC angeboten. „Bis sich neue Therapiestandards durchsetzen, braucht es insbesondere in der Urologie seine Zeit“, so Frau PD Dr. med. Jozefina Casuscelli im ideen & wissen-Podcast. Daher sei es auch so wichtig, immer wieder darüber zu informieren und auch die Vorteile der neuen Kombinationstherapien aufzuzeigen. Nicht immer wird dadurch der Praxisalltag einfacher, doch die Auswahl an möglichen Kombinationen (ADT + Abirateron, ADT + Apalutamid, ADT + Enzalutamid oder ADT + Docetaxel) lässt erstmals auch eine individualisierte Therapie des Prostatakarzinoms zu. Die aktuell erwartete Zulassung der ersten Triplett-Therapie beim mHSPC – bestehend aus ADT + Docetaxel + Darolutamid – wird die Therapie noch weiter verbessern, ist sich Frau PD Dr. Casuscelli sicher. 

Kombination aus ADT + NHT ist aktueller Therapiestandard beim mHSPC

  • Die ADT-Monotherapie hat in der Versorgung des mHSPC ausgedient.
  • Standardtherapie des mHSPC ist heute leitlinienkonform die Kombination aus ADT + NHT (Apa, Abi oder Enza) bzw. ADT + Docetaxel.
  • Die Dreierkombination aus ADT + Doce + Daro zeigt sich einer aktuellen Metaanalyse nach ebenso wirksam wie die Standard-Kombinationstherapien. Allerdings wird diese Effektivität mit einer höheren Nebenwirkungsrate aufgrund des Taxan-Anteils erkauft.

Aktuelle Metaanalyse: Interessante Daten zur Wirksamkeit der Kombinationstherapien beim mHSPC

Da Head-to-Head-Vergleiche der Therapieoptionen beim mHSPC fehlen und sich die verschiedenen Ansätze in ihrer Wirksamkeit und Nebenwirkungslast kaum voneinander unterscheiden, greift die Forschung häufiger auf Metaanalysen zurück, um mögliche Therapieabwägungen mit statistischen Mitteln zu unterstützen. Eine erst kürzlich im Eur Urol Oncol veröffentlichte Metaanalyse (Menges D et al., Eur Urol Oncol 2022; 5: 605–616) zeigte nun, dass die aktuellen Kombinationstherapien (ADT + Enza, ADT + Abi, ADT + Apa oder ADT + Doce) zur Behandlung des mHSPC in der Nutzen-Risiko-Abwägung mit hoher Wahrscheinlichkeit (> 60 %) einen klinischen Nettonutzen haben. Die Triplett-Therapie bestehend aus ADT + Doce + Daro war in der Analyse ebenso wirksam wie die Zweierkombinationen aus ADT + NHT. Allerdings würde die Wirksamkeit der Triplett-Therapie durch eine höhere, Taxan-basierte Nebenwirkungslast erkauft, so die Forschenden.

Real-World-Daten in der Uroonkologie immer wichtiger

Metaanalysen sind dennoch vor allem eines: sie sind statistische Zahlenvergleiche, die mit der wirklichen Situation in der Praxis nur wenig gemein haben. Dies fängt bereits beim zugrundeliegenden Patientenkollektiv an. Dessen Daten setzen sich in der Regel aus den Daten verschiedener Studien-Designs zusammen. Hinzu kommt, dass die untersuchten Patienten-Kohorten in der Regel standardisiert sind und einer gewissen, den Studienkriterien entsprechenden Vorauswahl genügen müssen.

„Mit den Patienten, die wir tagtäglich in der Praxis oder Klinik sehen, hat das recht wenig zu tun“, ergänzt Frau PD Dr. Casuscelli. Sie präferiere daher Real-World-Daten, welche das tatsächliche Patientenkollektiv sehr viel besser repräsentieren. Insbesondere vor dem Hintergrund einer immer weiter voranschreitenden Individualisierung der Tumortherapie – auch beim mHSPC – wird es zukünftig kaum noch ohne Real-World-Daten gehen, ist sich Casuscelli sicher.

Kurzbiografie Frau Priv.-Doz. Dr. med. Jozefina Casuscelli

Frau PD Dr. Jozefina Casuscelli
Frau PD Dr. Casuscelli ist Leiterin der Uro-onkologischen Tagesklinik an der Urologischen Klinik und Poliklinik der LMU München. Darüber hinaus ist sie Leiterin des Interdisziplinären Uro-Onkologischen Tumorboards und beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Nierenzellkarzinom, dem Urothelkarzinom sowie dem Prostatakarzinom.

(c) Foto: PD Dr. med. Jozefina Casuscelli, LMU München 

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