Nierenzellen aus der Retorte

News: Medizin

Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. rer. nat. Marcus Mau.

Forschern der Universität Freiburg ist es erstmals gelungen, Nierenzellen aus Hautzellen zu generieren. Dabei gleichen die umprogrammierten Hautzellen nicht nur rein äußerlich den Nierentubuli, sondern funktionieren auch vergleichbar dem Original. Dieser Erfolg könnte ein erster wichtiger Schritt sein, um zukünftig degenerative Nierenerkrankungen besser erforschen und behandeln zu können.

Die Freiburger Mediziner nutzten für ihre Arbeiten speziell generierte Trägerviren, um vier verschiedene Gene in vorbereitete Fibroblasten einzuschleusen. Diese Steuerungsgene programmierten anschließend die Zellen um, sodass sie sich in nierenähnliche Zellen umwandelten.

„Ganz identisch mit dem natürlichen Vorbild sind die auf diese Weise erzeugten Nierentubuli noch nicht. Dennoch teilen sie erstaunlich viele Charakteristika mit echten Nierenzellen“, so die Forscher. Besonders interessant dabei ist, dass die künstlich erzeugten Nierentubuli eine Vielzahl an Genen aktivieren, welche auch in der Niere aktiv sind. Zudem reagierten die umprogrammierten Hautzellen sehr empfindlich auf nierenschädigende Substanzen.
Die Wissenschaftler haben sich ihr Verfahren mittlerweile patentieren lassen und wollen es gern weiterentwickeln, um zukünftig vielleicht ganz auf Tierversuche verzichten zu können, wenn es um den Test neuer Medikamente und um deren Nierenverträglichkeit geht. Darüber hinaus sind Anwendungen denkbar, um Nierenkranken aus eigenen Hautzellen neue Nierenzellen wachsen zu lassen. Dies würde die Abstoßungsreaktionen, wie sie bei Organspenden auftreten, vermeiden helfen.

Doch bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg. Denn das Einschleusen von Genen mittels Viren ist nicht ohne Risiken und auch die Niere muss erst einmal im Körper sicher und in ausreichender Menge mit dem Virusmaterial erreicht werden.
Alternativ zu diesem hier vorgestellten neuen Ansatz gab es bereits zuvor andere Versuche, um Nierengewebe von außen zu reparieren. Einigen Forscherteams gelang es so z. B. vor wenigen Jahren bereits, eine Art Vorniere aus embryonalen Nierenzellen zu züchten. Diese „künstlich geschaffene Niere“ enthielt tatsächlich zwei der wichtigsten Nierenzelltypen.

Vor zwei Jahren brachte ein anderes Team unter Zuhilfenahme eines Wachstumsfaktors sogenannte Stammzellen dazu, sich in nierenähnliche Zellen zu differenzieren. Doch die meisten Methoden zur Schaffung von Nierengewebe sind sehr zeitaufwendig und auch kostenintensiv. Bei der Verwendung embryonaler Zellen und Stammzellen stellen sich zudem in Deutschland viele ethische Fragen.
Quelle:
Nature Cell Biology, 2016; doi: 10.1038/ncb3437

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