Schlaflos durch die Nacht: Das muss nun wirklich nicht sein

Hintergrund: Medizin

Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. rer. nat. Marcus Mau.

Die Deutschen schlafen nicht nur schlecht, sie schlafen immer schlechter. Zu diesem Schluss kommt ein aktueller Gesundheitsreport der DAK-Gesundheit. Das Problem: Betroffene sehen meist keinen Bedarf, Ärzte zu konsultieren und streben lieber eine selbstständige Lösung an.

Insgesamt sind Frauen (10,9 %) hierzulande stärker von Schlafstörungen betroffen als Männer (8,0 %), wie die Zahlen der aktuellen Studie belegen. Auffällig ist dabei der Anteil junger Betroffener zwischen 18 und 29 Jahren. In dieser Altersgruppe gaben nahezu 12 % der Männer und Frauen an, nicht gut schlafen zu können. Dies sind sogar mehr als die im Bundesdurchschnitt über alle Altersgruppen gemessenen 10 %.

Auch die berufliche Situation ist in diesem Zusammenhang ausschlaggebend. Gemeinhin würde man davon ausgehen, dass Menschen, die selbstständig arbeiten und die gesamten Unsicherheiten, die dies mit sich bringt, allein schultern müssen, eher unter unruhigem Schlaf leiden. Dem ist allerdings keineswegs so.

Mit einem Anteil von 1,4 % an Schlaflosen ist die Gruppe der Selbstständigen und Freiberufler diejenige, die am wenigsten von Schlafstörungen betroffen ist. Arbeiter und Angestellte hingegen rangierten zwischen 9 und 12 %. Und selbst Beamte werden zu etwa 7 % von häufig wiederkehrenden Schlafproblemen heimgesucht.

Risikofaktoren für Schlafstörungen

Im Arbeitsalltag machte die Studie ein paar wichtige Ursachen für Schlafprobleme aus. Zu sagen, der Stress lässt uns weniger gut schlafen, ist wenig hilfreich, weil zu unbestimmt. Stress wird sehr subjektiv empfunden und auch der Umgang damit erfolgt sehr individuell. Arbeitsbelastung, Pausenverzicht und häufiger Termindruck werden von der Mehrzahl der Menschen als Stressfaktoren wahrgenommen.

Häufig an der eigenen Leistungsgrenze arbeiten zu müssen, war beispielsweise in 24,4 % der Fälle eine Ursache für Schlafstörungen. Wer in acht oder mehr Nachtschichten pro Monat arbeiten musste, gab in 19 % der Fälle an, schlecht zu schlafen. Dahinter lagen Termindruck und Nichteinhalten von Pausenzeiten mit etwa 17 % gleichauf auf Platz 3.

Daneben gibt es aber auch einen nicht unerheblichen Anteil an selbstverursachten Auslösern für die Schlafstörungen. Als wichtigste Ursache ist hier die ständige mobile Erreichbarkeit zu nennen. Fast 13 % der Menschen, die ständig und auch im Urlaub für den Arbeitgeber erreichbar sind, litten unter Schlaflosigkeit. Wer hingegen außerhalb der Arbeitszeiten kaum verfügbar ist, gab die Erreichbarkeit nur in 7 % der Fälle als möglichen Grund für seine Schlafprobleme an.

Welche Schlafstörungen sind die häufigsten?

Von echten Schlafstörungen spricht man, wenn sie mehr als dreimal pro Woche über einen Monat hinaus auftreten. Die mit Abstand häufigsten Schlafstörungen sind dabei Durchschlafprobleme und Einschlafstörungen, die zusammen circa 80 % der Schlafprobleme bei Betroffenen ausmachen.
Zwischen 2009 und 2016 hat die Zahl derer mit Einschlaf- und Durchschlafproblemen zudem um 66 % zugenommen; es sind also immer mehr Menschen in Deutschland davon betroffen.

Dabei gilt aber immer auch, dass das natürliche Einschlafen etwa 30 Minuten pro Nacht beanspruchen kann. Darüber hinaus wacht jeder Mensch in jeder Nacht mehrfach auf, nur erinnern wir uns im Normalfall am nächsten Morgen nicht mehr daran. Doch das „unbewusste“ Erwachen gehört durchaus zu unserem natürlichen Schlafrhythmus.

Warum werden Schlafprobleme so wenig behandelt?

Die Behandlung von Schlafstörungen ist nicht ganz einfach, denn oft hat man lediglich das Symptom, kennt aber die Ursache nicht. Darüber hinaus können Schlafstörungen multifaktoriell verursacht sein, was die Behandlung zusätzlich verkompliziert.

Auch das Verständnis von Schlafstörungen als eigenständiges Krankheitsbild ist noch nicht überall in den Köpfen angekommen. Betroffene sehen meist keinen Bedarf, Ärzte zu konsultieren und streben lieber eine selbstständige Lösung für das Problem an. Hinzu kommt, dass scheinbar fast jeder im persönlichen Umfeld über ähnliche Erfahrungen berichtet, sodass Schlafstörungen als ein allgemeines Problem unserer Zeit verstanden werden: „Das hat doch jeder, oder?“

Dennoch können Schlafstörungen oder das Empfinden, schlecht geschlafen zu haben, durchaus auf schwerwiegende Erkrankungen zurückgehen, weshalb Patienten unbedingt in ärztliche Abklärung gehören. Atmungsstörungen wie die Schlafapnoe, oder Bewegungsstörungen, zentralnervöse Ursachen und ähnliches können damit ausgeschlossen werden.

Die reale Behandlungssituation beim Arzt

Die Realität sieht jedoch auch hier anders aus: Nur etwas mehr als 15 % der von Schlafstörungen betroffenen Patienten suchten innerhalb der vergangenen zwölf Monate einen Arzt auf, um sich medizinisch behandeln zu lassen.

Ärzte wiederum untersuchten in 64 % der Fälle rein körperlich, in 70 % wurde zumindest eine psychische Ursache diskutiert. Doch vertiefend fragte kaum ein Arzt nach. So gehörten ein Schlafprotokoll, Fragebögen oder Somnographien mit einem jeweiligen Anteil von unter 20 % eher zu den stiefmütterlich behandelten Diagnosemöglichkeiten.

Stattdessen stellte der Arzt häufig ein Rezept für schlaffördernde Medikamente – ob aus Gewohnheit oder auf Wunsch des Patienten ist nicht bekannt. Die Schlaftablette ist auch heute noch mit 50 % die am häufigsten empfohlene „Therapie“ beim Arzt; und das, obwohl mittlerweile hinreichend bekannt ist, dass Schlafmittel die Schlafqualität auf Dauer sogar noch weiter verschlechtern und in einer Abhängigkeit münden können.

Wege ohne Schlafmittel: Zauberwort Schlafhygiene

Viel wichtiger als den Geist mittels Schlaftabletten zu sedieren, ist daher eine Schlafroutine zu entwickeln und strikt auf Schlafhygiene zu achten. Doch was ist das überhaupt? Bestimmte äußere und innere Faktoren beeinflussen unseren Schlaf. Neben Lärm, Licht, Stress und Ernährung spielt beispielsweise auch die Bewegung im Tagesverlauf eine große Rolle. Wer daher gut schlafen möchte, muss eine gewisse Schlafhygiene einhalten und Stressfaktoren, so weit möglich, einschränken oder ganz vermeiden.

Eigentlich meint Schlafhygiene nichts anderes, als dass Betroffene selbst mithilfe von Entspannung, Bewegung und Ernährung ihren Tag und besonders die Nacht möglichst störungsarm gestalten sollen. Hier einmal in aller Kürze ein paar Eckpunkte, um dies auch erreichen zu können:
Es ist wichtig, zu verinnerlichen, dass keine der Maßnahmen Schlafstörungen vorbeugen kann, wenn man einmal dies und ein anderes Mal jenes ausprobiert. Regelmäßigkeit und Wiederholung sind für den gesunden Schlaf sehr wichtig. Fachleute nennen das auch gern die persönliche Schlafroutine. Diese soll sicherstellen, dass sich Körper und Geist mittels fester Rituale auf den bevorstehenden Schlaf gut vorbereiten können.

Wie baut man eine funktionierende Schlafroutine auf?

Schlafroutine bedeutet wirklich das, wonach es sich anhört: eine Routine oder Wiederholung von immer gleichen Abläufen vor dem Schlafengehen. Eine gut funktionierende Schlafroutine beinhaltet einen geregelten Tagesablauf mit festen Schlaf- und Aufwachzeiten.

Der Tag sollte, sofern der eigene Biorhythmus dies zulässt, am frühen Morgen beginnen. Morgens ist der Blutspiegel der Hormone Serotonin und Adrenalin am höchsten. Dies erleichtert den Start in den Tag und gibt den notwendigen Antrieb, um die Arbeit oder andere Tagesaufgaben zu meistern. Ein Powernap, also eine kleine Mittagsruhe, macht zudem fit für die zweite Tageshälfte.

Wer früh aufstehen möchte, sollte auch früh zu Bett gehen. Der Schlaf vor Mitternacht ist angeblich der gesündeste, obgleich dies nicht durch Studien belegbar ist. Besonders die Tiefschlafphase ist sehr wichtig, da sonst während der Nacht kein Regenerationsschlaf stattfindet und so die Kraftreserven des Körpers bis zum Morgen nicht wieder aufgefüllt werden können.

Tipp: Generell gilt, auf das Schlafbedürfnis des eigenen Körpers zu hören und lieber schlafen zu gehen, sobald einen abends die Müdigkeit überkommt. Das Gehirn vor dem Fernseher einzuschläfern funktioniert nicht. Die Bilder mit ihren raschen Farb- und Lichtwechseln wühlen meist das Gehirn auf und verzögern das Müdigkeitsempfinden.

Was lässt einen besser schlafen?

Neben einem streng geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus sollte ebenso genau auf die Ernährung sowie die Einrichtung bzw. Ausstattung des Schlafzimmers geachtet werden. Es ist besonders wichtig, wenig belastende und gesunde Nahrungsmittel auszuwählen. Diese sollten beispielsweise wenig stimulierende Inhaltsstoffe wie Zucker oder Koffein enthalten.

Kartoffeln und Getreideprodukte sind zudem sehr reich an komplexen Kohlenhydraten wie Stärke, welche lang anhaltend Energie liefert und den Blutzuckerspiegel konstant hält. Ein Hungergefühl, welches das Ein- und Durchschlafen stört, wird so vermieden. Eiweiße, oder vielmehr Aminosäuren aus der Nahrung, sind wiederum wichtige Baustoffe für Hormone wie das Adrenalin oder auch Serotonin und Melatonin.

Das Schlafzimmer sollte in erster Linie frei von Fernseher und Büromöbeln und zusätzlich in nicht zu grellen Farben gehalten sein. Dadurch weiß der Körper, dass dort das Schlafzimmer ist, ein persönlicher Raum der Ruhe.

Fazit

Chronische Schlafstörungen betreffen bis zu 10 % der Deutschen, Tendenz weiterhin steigend. Das Mittel der Wahl zur Behandlung bleibt für viele leider noch immer die verschriebene oder auch frei verkäufliche Schlaftablette. Besser ist es jedoch, ohne diese Mittel auszukommen und wieder mehr Gespür für die Bedürfnisse des eigenen Körpers zu entwickeln.

Alltagsstress lässt sich aufgrund der heutigen Arbeitsverhältnisse meist nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es, sich als Gegenpol auch ausreichend Auszeiten zu gönnen und dem täglichen Stress mit geeigneten Entspannungsmaßnahmen zu begegnen.

Das Bedürfnis nach Schlaf wird von manchen als Schwäche empfunden, ist er doch eher unproduktiv. Doch dieses Verständnis von Schlaf ist falsch. Nur während der Schlafphase regenerieren Geist und Körper und machen uns fit für den neuen Tag.

Quellen:

dak.de/dak/download/gesundheitsreport-2017-1885298.pdf
Erstveröffentlichung auf DocCheck vom 30.03.2017
Mau M., Gesunder Schlaf, wissen-kompakt-Verlag 2013

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