Immuntherapie gibt neue Hoffnung bei Kopf- und Halstumoren
NEWS: MEDIZIN
Gastbeitrag der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO KHC) für Sie aufgespürt von Dr. rer. nat. Marcus Mau.
Krebsgeschwulste dürfte es im Grunde gar nicht geben, denn
das Immunsystem ist prinzipiell in der Lage, veränderte Zellen zu erkennen und
zu zerstören, bevor sie zu einem Tumor heranwachsen. Diese Abwehr zu
unterstützen, ist das Ziel sogenannter Immuntherapien. Auf verschiedene Weise
stärken sie die gegen Krebszellen gerichteten Abwehrsysteme und helfen, den
Tumor für die Immunzellen besser sichtbar zu machen.
Kopf-Hals-Tumoren stehen auf der Liste der weltweit
häufigsten Tumorerkrankungen an sechster Stelle. Ihre Entstehung wird besonders
durch Tabakrauch, den übermäßigen Konsum von hochprozentigen Alkoholika und
humane Papillomviren gefördert. Aufgrund ihrer Nähe zu lebenswichtigen
Strukturen können Tumoren im Kopf- und Halsbereich nicht immer vollständig
operativ entfernt werden. Auch bei einer Bestrahlung kann das umliegende Gewebe
in Mitleidenschaft gezogen werden. „Gerade in diesem Bereich ist die
Entwicklung von Immuntherapien, die spezifisch gegen den Tumor vorgehen,
besonders wichtig“, sagt Professor Dr. med. Stephan Lang, Direktor der Klinik
für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Essen.
Sterbende Tumorzelle.
[By National Institutes of Health (NIH) [Public domain], via Wikimedia Commons]
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Im Fokus der Immuntherapie stand lange Zeit der Versuch, das
Immunsystem stärker zu aktivieren. „Seit einigen Jahren hat man jedoch erkannt,
dass auch die Lösung von Blockaden eine wichtige Rolle spielt“, erläutert
Professor Lang. Denn Krebszellen weichen der Immunabwehr oft aus, indem sie den
Immunzellen eine Art molekulares Stoppschild entgegenhalten. Treten diese
Stopp-Signale in Kontakt mit passenden Rezeptoren auf der Oberfläche der
Immunzellen, dann werden diese deaktiviert – die Immunabwehr kommt zum
Erliegen.
Spezifische Antikörper gegen die tumoreigenen Stopp-Signale
können diese Blockade durchbrechen und sind zum Teil schon zur Tumortherapie
zugelassen. Als Beispiel nennt der Experte den Antikörper Nivolumab, der
verhindert, dass Stopp-Signale den so genannten PD-1-Rezeptor auf T-Zellen
erreichen. „Dieser wird zurzeit nur bei fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren
eingesetzt, die auf andere Therapien nicht mehr ansprechen“, erklärt Lang. Hier
habe er das weitere Wachstum der Tumoren verlangsamen und die Überlebenszeit
der Patienten leicht erhöhen können.
Ein weiterer immuntherapeutischer Ansatz ist es, das
Immunsystem auf bestimmte Tumorantigene „scharf zu stellen“ und den Tumor so
besser angreifbar zu machen. Das kann über eine Art Impfung geschehen, aber
auch über eine gezielte Veränderung von T-Zellen, die den Patienten zuvor
entnommen wurden. „Mithilfe molekularbiologischer Methoden werden die T-Zellen mit
einem speziellen Rezeptor ausgestattet, dem so genannten CAR“, sagt Lang.
Das
Kürzel steht für „chimärer Antigenrezeptor“ – denn der künstliche Rezeptor ist
aus mehreren Teilen zusammengesetzt: Ein Teil ist für die Erkennung spezieller
Tumormoleküle zuständig, ein anderer dafür, die T-Zellen zusätzlich zu
aktivieren. Solchermaßen aufgerüstete T-Zellen konnten in einer britischen
Phase-1-Studie bei rund der Hälfte der Patienten das weitere Wachstum
fortgeschrittener Kopf-Hals-Tumoren aufhalten. „Ein erster vielversprechender
Ansatz, der noch weiter erforscht werden muss“, so Professor Lang.
Quellen:
Papa, S., Adami, A., Metoudi, M. Achkova, D., van Schalkwyk,
M., Parente Pereira, A., Bosshard-Carter, L., Whilding, L., van der Stegen, S.,
Davies, D. M., Guerrero-Urbano, T., Jeannon, J. P., Spicer, J., Maher, J.
(2017) T4 immunotherapy of head and neck squamous cell carcinoma using Pan-ErbB
targeted CAR T-cells AACR 2017; Abstract CT118
[Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-
und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO KHC)]
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