HPV-Impfung auch für junge Männer sinnvoll
Insights: Medizin
Für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. Marcus Mau.Eine schnelle Bekanntschaft, ein gedankenloses Abenteuer und schon ist es passiert. Das Problem: Man(n) sieht nichts und steckt jahrelang alle nachfolgenden Partner an. Die Folge: Eine Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV) kann verschiedene Krebsarten verursachen, z. B. Peniskarzinom, Anal- oder Rachenkrebs. Dabei gibt es eine sehr wirksame Impfung gegen HP-Viren, doch die wurde bisher nur für Mädchen und junge Frauen im Alter von zwölf bis siebzehn Jahren empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt. Die zweitwichtigste Risikogruppe, nämlich die der jungen bi- oder homosexuellen Männer wurde bisher vergessen.
Humane Papillomviren werden beim ungeschützten Sex über infizierte Haut- und Schleimhautareale übertragen. In den meisten Fällen bleiben diese Infektionen unerkannt oder führen zu gutartigen, aber oft entstellenden Warzen. Doch auch symptomlos kann der Betroffene die Infektion weitergeben. Einige Papillomviren (z. B. HPV 16 und 18) erzeugen sogar Krebs. Die Viren überdauern in den Hautzellen und können Jahre später zu Schleimhautschäden führen bis hin zu einem Tumor. Die Schleimhautschäden infolge der HPV-Infektion schwächen die Schleimhaut und öffnen zusätzliche Eintrittspforten für weitere Krankheiten, u. a. HIV, Chlamydieninfektionen oder die Syphilis.
Krebs durch HPV – ein
Problem für Männer?
Die exponierten Infektionsstellen beim Mann sind je nach sexueller Praxis der Penis sowie
die Schleimhäute des Rachens und des Analkanals. Besonders in der
Analschleimhaut können chronische HPV-Infektionen zur Bildung von
Krebsvorstufen führen, Mediziner nennen diese Vorstufen Neoplasien (Neubildungen).
Das Analkarzinom ist zwar ein seltener Tumor, dennoch
ist das Risiko, daran zu erkranken, für Immungeschwächte (zum Beispiel
Organempfänger und HIV-Patienten) sowie für homo- und bisexuelle Männer 20-fach höher als für heterosexuelle Männer. In über 80 Prozent der Analkrebsfälle finden sich HP-Viren. Zusätzlich sind
bis zu 94 Prozent der Krebsvorstufen mit HP-Viren infiziert. Am häufigsten
tritt HPV 16 auf; bei unter zehn Prozent der Krebspatienten
liegt eine Infektion mit HPV 18 vor. Ebenso wird das Peniskarzinom häufig durch
HPV 16 verursacht.
Wohl beinahe jeder erinnert sich noch an die Schlagzeilen um die Krebserkrankung von Michael Douglas. Er hatte sich nach eigener Aussage beim Oralsex mit HPV infiziert und war Jahre später an einem Tumor erkrankt. Obwohl der überwiegende Teil der Rachentumoren durch Rauchen
und Alkohol hervorgerufen wird, geht tatsächlich ein kleiner Anteil auf das Konto
von HPV-Infektionen. Bei Mundhöhlenkrebs beispielsweise findet sich in 24
Prozent der Fälle das Erbgut von HPV in den Krebszellen. Ebenso wie beim Analkrebs scheinen HPV 16
und 18 hier die tragende Rolle zu spielen.
Ist die HPV-Impfung
wirksam?
Besonders bi- und homosexuelle Männer gelten neben den Frauen derzeit als eine der Hauptrisikogruppen für anogenitale und orale HPV-Infektionen, doch gibt es für junge Männer anders als für Mädchen noch keine generelle Impfempfehlung. Doch gerade bi- und homosexuelle Männer könnten von der verfügbaren HPV-Impfung profitieren. Die Impfung verhindert sehr wirkungsvoll eine Infektion durch die humanen
Papillomviren 16 und 18. Dadurch verringert sich
wahrscheinlich ebenfalls das Risiko für Krebsvorstufen bei Analkrebs und Rachentumoren; erste Studien an Männern im Alter zwischen 16 und
26 Jahren bestätigen das bereits. Dennoch ist eine HPV-Infektion kein ausschließliches Problem für homosexuelle Männer; die Viren infizieren jeden, der ungeschützten Sex hat, und somit sind auch heterosexuelle Männer mit wechselnden Partnern gefährdet.
Die Kosten der Impfung werden bei Mädchen von den
gesetzlichen Krankenkassen als Vorsorgemaßnahme gegen den Gebärmutterhalskrebs vollumfänglich
übernommen. In Deutschland wurde die HPV-Impfung bisher nicht generell für Jungen
und junge Männer empfohlen. Nachdem Jungen bisher nur in Sachsen eine
Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen beantragen konnten, übernimmt die
Bahn-BKK nun (ab 2014) als erste deutsche Krankenkasse deutschlandweit die Impfkosten für Jungen und Mädchen im
Alter zwischen 9 und 19 Jahren. In Australien oder den USA hingegen ist die
HPV-Impfung bereits seit 2012 für Jungen im Alter zwischen 11 und 13 Jahren
offiziell zugelassen.
Was die HPV-Impfung
für junge Männer leisten kann- Die Impfung schützt in mehr als 90 Prozent der Fälle vor einer Ansteckung mit den krebsverursachenden Papillomviren HPV 16 und 18. Wichtig ist dabei, dass die Impfung vor dem ersten sexuellen Kontakt erfolgt ist!
- Die HPV-Impfung reduziert nachweislich die Anzahl und Schwere der Krebsvorstufen des Analkrebses bei Männern.
- Der Vierfach-Impfstoff schützt zudem zuverlässig vor einer Ansteckung durch HPV 6 und 11. Dadurch lassen sich entstellende Genitalwarzen zu mehr als 90 Prozent vermeiden.
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