Das Mädchen aus Mississippi: HIV-Heilung oder Postexpositionsprophylaxe?
News: Medizin
von Dr. Marcus Mau
Baby besiegt HIV. Eine
Schlagzeile geht um die Welt und lässt einmal mehr auf Heilung für Millionen
HIV-Infizierte hoffen. Doch ist es wirklich die ersehnte Heilung? Was versteht
man unter einer sogenannten „funktionellen Heilung“? Oder handelt es sich gar
um eine Postexpositionsprophylaxe für Neugeborene?
Wie Wissenschaftler auf einer Konferenz in Atlanta
mitteilten, gelang es, das HI-Virus in einem neugeborenen Mädchen mittels einer
frühzeitig eingeleiteten Dreimedikamententherapie unter die Nachweisgrenze
zurückzudrängen. „Die heute Zweieinhalbjährige komme ohne Medikamente aus und
zeige nur noch einzelne, inaktive Viruspartikel“, so die Forscher.
HIV-Nachweis am
zweiten Tag nach der Geburt
Alles begann mit einer Frühgeburt in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat Mississippi. Erst im Kreißsaal erfuhren die behandelnden Ärzte von der HIV-Infektion der werdenden Mutter. Das neugeborene Mädchen wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt und die dortigen Spezialisten entschieden sich, umgehend (30 Stunden nach der Geburt) eine Behandlung mit antiviralen Medikamenten zu beginnen. Dadurch hofften sie, die Infektion des Kindes aufzuhalten. Anders als allgemein üblich versuchten sie eine neue antivirale Therapie, bestehend aus drei Medikamenten. Doch bereits am zweiten Tag nach der Geburt kam die Gewissheit. Im Blut des Mädchens wurde das HI-Virus nachgewiesen. Die Behandlung wurde fortgesetzt und ebenso der Virustiter weiter kontrolliert. Am 7., 12. Und 20. Tag enthielt das Blut des Mädchens weiterhin HI-Virusgenom in nachweisbarer Menge. Zur großen Freude der behandelnden Ärzte kam der Test am 29. Tag als negativ zurück.
Ein Zurückdrängen der Viruslast unter die Nachweisgrenze ist
bei antiviraler Behandlung nicht ungewöhnlich. Das Problem dabei ist, dass das
HI-Virus nicht gänzlich aus dem Körper verschwunden ist. In sogenannten
Schläferzellen bleibt es erhalten und kann selbst nach Jahren noch reaktiviert
werden. Die antivirale Therapie dauerte bis zum 18. Lebensmonat des Mädchens an
und wurde anschließend aus nicht näher benannten Gründen abgebrochen.Alles begann mit einer Frühgeburt in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat Mississippi. Erst im Kreißsaal erfuhren die behandelnden Ärzte von der HIV-Infektion der werdenden Mutter. Das neugeborene Mädchen wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt und die dortigen Spezialisten entschieden sich, umgehend (30 Stunden nach der Geburt) eine Behandlung mit antiviralen Medikamenten zu beginnen. Dadurch hofften sie, die Infektion des Kindes aufzuhalten. Anders als allgemein üblich versuchten sie eine neue antivirale Therapie, bestehend aus drei Medikamenten. Doch bereits am zweiten Tag nach der Geburt kam die Gewissheit. Im Blut des Mädchens wurde das HI-Virus nachgewiesen. Die Behandlung wurde fortgesetzt und ebenso der Virustiter weiter kontrolliert. Am 7., 12. Und 20. Tag enthielt das Blut des Mädchens weiterhin HI-Virusgenom in nachweisbarer Menge. Zur großen Freude der behandelnden Ärzte kam der Test am 29. Tag als negativ zurück.
Ärzte sprechen von „funktioneller Heilung“
Im Normalfall sollte sich das Virus nach Abbruch der Therapie wieder verstärkt vermehren und somit eine Virämie auslösen. Dabei handelt es sich um eine massive Ausschwemmung von aktiven Viruspartikeln in das Blut des Patienten. Bei dem Mädchen blieb diese Virämie aus. Ganz im Gegenteil zeigte sich bei einer erneuten Untersuchung, dass das Blut des Kindes nur noch sehr wenige und zudem inaktive Viruspartikel enthält. Der Körper hatte gelernt, das Virus ohne Medikamente in Schach zu halten. In einem Fall, in dem das Immunsystem die Vermehrung des HI-Virus allein kontrolliert, ohne es vollständig aus dem Körper eliminieren zu können, bezeichnen die Forscher als „funktionelle Heilung“. Das HI-Virus ist weiterhin in geringer Kopiezahl vorhanden, jedoch nicht mehr aktiv. Es vermehrt sich nicht. Doch kann man in einem solchen Fall von Heilung sprechen?
Das Prinzip der Post-Expositionsprophylaxe
Objektiv betrachtet hat das von den Ärzten des Mädchens angewandte
Verfahren sehr große Ähnlichkeit mit der für Erwachsene angebotenen Postexpositionsprophylaxe
(PEP). Besteht das Risiko eines HIV-Kontaktes, kann innerhalb von 72 Stunden
mit einer antiretroviralen Therapie begonnen werden, um eine für das Virus
erfolgreiche Infektion zu verhindern oder zurückzudrängen. Behandelt wird mit
einem Medikamentencocktail bestehend aus drei Medikamenten, in der Regel zwei
Nukleosidanaloga und einem HIV-Proteaseinhibitor. Die Prophylaxe wird über einen
Monat hinweg durchgeführt. Je größer das Zeitfenster zwischen Kontakt und
Behandlungsbeginn wird, desto geringer ist die Chance, eine Infektion noch zu
vermeiden. Und selbst bei frühzeitigem Einsatz der Medikamente besteht kein
100%-iger Schutz vor der Infektion.
Ein wichtiger Patient
für die ForschungFür die Forschung ist das Mädchen auf jeden Fall von sehr großer Bedeutung. Es gilt aufzuklären, was am Immunsystem der Kleinen anders ist, und warum es das Virus selbstständig eindämmen kann. Dieser Fall beantwortet möglicherweise darüber hinaus wichtige Fragen im Bereich des frühen Behandlungsbeginns bei Neugeborenen und Kindern. In jedem Fall jedoch wird die antivirale Therapie von Neugeborenen aus HIV-Risikoschwangerschaften wohl neu bewertet werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich in zukünftigen Studien die Erfolge des Dreimedikamentenansatzes gegenüber dem konventionellen Einmedikamentansatz statistisch absichern lassen.
Quellen:
Nathan Seppa, 2013, Baby may be cured of HIV: http://www.sciencenews.org/view/generic/id/348710/description/Baby_may_be_cured_of_HIVrme/Ärzteblatt, 2013, HIV: „Funktionelle Heilung“ eines Frühgeborenen in den USA: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/53614/HIV-Funktionelle-Heilung-eines-Fruehgeborenen-in-den-USA
Lea Wolz, 2013, Ein Fall, der aufhorchen lässt: http://www.stern.de/gesundheit/kind-besiegt-hiv-infektion-ein-fall-der-aufhorchen-laesst-1979648.html
Kommentare
Kommentar veröffentlichen