China löst Rätsel um kreidezeitliche Badetrends

News: Wissenschaft

Von Dr. Marcus Mau

Er ist muskulös und dennoch schlank gebaut. Mit langsamen Schritten nähert er sich ihr. Seine Fußspitzen graben sich immer wieder tief in den nassen Sand. Sie hingegen beobachtet seine Annäherung aus dem Augenwinkel. Ihr Kopf ruckt nervös auf dem grazilen Hals. Was im ersten Moment wie eine sich entwickelnde Romanze am Strand klingt, ist in Wahrheit wohl das Vorspiel eines Dramas. Er ist ein ausgewachsener Theropode (Raubsaurier), sie eine ansehnliche Sauropoden-Dame. Neue Funde in China helfen jetzt, ein weiteres Geheimnis der Dinosaurier zu lüften: Raubsaurier konnten schwimmen!

Fossile Schwimmspuren von Dinosauriern sind in der Regel der Fälle Spuren im Substrat, die entstanden, als die Tiere durchs Wasser wateten. Die fleischfressenden Saurier, oder kurz Theropoden genannt, frönten der kreidezeitlichen Badesaison nicht nur in England, Polen, den USA oder Spanien. Neueste Funde aus China belegen nun, dass die Fleischfresser auch hier das Wasser nicht scheuten.

Auf Zehenspitzen ins kühle Nass

Wissenschaftler entdeckten in einem alten Flussbett nebeneinander die Fußspuren von Raubsauriern (Theropoden), pflanzenfressenden Dinosauriern (Sauropoden) und Pterosauriern (Flugsaurier). Das Interessante und nicht sofort Offensichtliche daran: Einige Spuren erscheinen wie Kratzspuren im versteinerten Sediment. In regelmäßigen Abständen auftretend, ist die einzig mögliche Erklärung für diese Spuren, dass sich hier ein kleiner Raubsaurier wieder und wieder vom Boden des früheren Flusses abgestoßen haben muss. Schwimmen oder Waten? In jedem Fall gilt doch, Raubsaurier überwanden Gewässer wohl ohne Scheu.

 

Wer klein ist, muss schwimmen lernen: Das Problem der Wassertiefe

Zugleich geben die Funde in China auch Auskunft über die Wassertiefe und das Zusammenleben der Dinosaurierarten in diesem Gebiet während der Kreidezeit. Auf der einen Seite lebte hier ein Raubsaurier, der mit einer Beinlänge von etwa einem Meter auf Zehenspitzen durch das Wasser watete. Auf der anderen Seite liegen seine Spuren dicht an dicht mit denen von großen Sauropoden. Deren Beinlänge übertraf bei Weitem die Wassertiefe von schätzungsweise 90 Zentimetern. Die Sauropoden mussten nicht schwimmen. Für sie war der Fluss wohl nur die kreidezeitliche Variante eines Fußbades.

Die Fundstätte in China ist bisher einmalig. Hier wurden zum ersten Mal die Fußspuren eines „schwimmenden“ Theropoden direkt neben den Fußabdrücken von laufenden Sauropoden gefunden. Dadurch lassen sich insbesondere die Lebens- und Umweltbedingungen während der Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen rekonstruieren.

Quellen:

Xing et al. 2013. A new early cretaceous dinosaur track assemblage and the first definite non-avian theropod swim trackway from China. Chinese Science Bulletin, doi: 10.1007/s11434-013-5802-6

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