Die Chinagrippe H7N9: Wie gefährlich ist sie wirklich?
News: Medizin
für Sie aufgespürt und zusammengefasst von Dr. M. Mau
Seit März sind mehrere Dutzend bestätigte Fälle von Infektionen mit dem
neuen Influenza-Virus H7N9 in China bekannt geworden. Die Welt schaut gebannt
auf die Entwicklungen und das Krisenmanagement der Volksrepublik. In ihrer
aktuell im April erschienenen Facharbeit bewerten chinesische Wissenschaftler
das epidemiologische Risiko des Virus als ernst. Es könnte sich in ein hochgradig ansteckendes Vogelgrippevirus verwandeln. Schafft es dann den Sprung zum
Menschen, könnte es zu einer tödlichen Pandemie führen. Bisher sind das nur
wissenschaftliche Berechnungen. Doch wohin mag sich das H7N9-Virus tatsächlich
entwickeln?
Am 19. April 2013 waren 91
Menschen mit dem H7N9-Virus infiziert. Siebzehn dieser Infizierten starben. Die
Gesundheitsbehörden in aller Welt sind aufgrund der Sterblichkeit von nahezu
20% äußerst besorgt. Vor wenigen Tagen dann der erste bestätigte Fall aus
Taiwan. Ein Mann hatte sich dort auf einer Chinareise infiziert. Der
Infektionsweg ist weiterhin unbekannt. Ein chinesisches Wissenschaftlerteam
veröffentlichte nun in der letzten Woche im Chinese Science Bulletin eine
erstmalige statistische Einschätzung des Risikos durch H7N9. Das Ergebnis: Die
Situation ist durchaus ernst, aber nicht aussichtslos.
H7N9: Ein Grippevirus mit Potenzial
Im Vergleich mit den Pandemien
der letzten Jahre, die durch H1N1 und H5N1 verursacht wurden, infiziert das
neue Virus H7N9 hauptsächlich ältere Männer jenseits der 60 Jahre. Während die
Infektionen mit H1N1 und H5N1 relativ mild verliefen, führte die derzeitige
Grippe in etwa 20% der Fälle zum Tod. Die Sterblichkeit unter dem Einfluss des
H7N9-Virus liegt damit sogar dreimal höher als beim sehr gefährlichen
SARS-Ausbruch 2003.
Für Beunruhigung sorgt zudem das
große Verbreitungsgebiet von H7N9 innerhalb Chinas. Von den Provinzen Anhui,
Jiangsu und Zhenjiang am Yangtze bis nach Shanghai und Peking erstreckt sich
das „Pandemiegebiet“ auf einer Fläche von 500.000 Quadratkilometern. Bisher
scheinen sich alle Erkrankten an Geflügel infiziert zu haben, doch ist eine
Übertragung von Mensch zu Mensch nicht gänzlich auszuschließen.
H7N9-Pandemie: Das „worst-case-scenario“Die Forscher gehen anhand ihrer derzeitigen Datenlage davon aus, dass sich H7N9 in wenigen Jahren in ein sehr aggressives Vogelgrippevirus umwandeln könnte. Gelingt es dem Virus dann durch einige Spezieswechsel zwischen Schwein und Pferd auch auf den Menschen überzugehen, könnte das der Ausgang für eine schwere, weltweite Pandemie mit zahlreichen Toten sein.
„Eine Verbreitung des Virus über
Landesgrenzen und Kontinente hinweg ist bereits jetzt möglich, wie der Fund
eines mit H7N9 infizierten Wildvogels belegt“, so die Wissenschaftler im
Chinese Science Bulletin.
Das H1N1-Virus zirkulierte anders
als das H7N9-Virus für lange Zeit im Menschen. In der Folge traten bereits zahlreiche
Immunitäten gegen dieses Grippevirus auf. Die Erkrankung verlief milder. Anders
verhält es sich jedoch im vorliegenden Fall. Grippeviren der Serogruppe H7 kamen
bisher nie oder nur sehr selten beim Menschen vor. Deshalb sind bei einer
Pandemie potenziell alle Menschen jeden Alters empfänglich für die Infektion.
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen den Extremen
Nach Aussage der Forscher ist es
weniger wahrscheinlich, dass das Virus natürlicherweise wieder verschwindet. Grippeviren
verändern sich sehr schnell und daher ist eine Anpassung an den Menschen wohl
nur eine Frage weniger Jahre oder eines Jahrzehnts. Durch die behördliche
Kontrolle der Geflügelmärkte insbesondere in Asien ließe sich diese Zeit aber
sehr wahrscheinlich ausdehnen.
„Letztlich wird das zukünftige
Szenario für die Chinagrippe H7N9 wohl irgendwo zwischen der ernsten und der
milderen Möglichkeit liegen“, schließen die Wissenschaftler in ihrer
Publikation. So bleibt abschließend nur zu hoffen, dass sie damit recht
behalten werden.
Quellen:
Zhuang et al. 2013. Epidemiological and risk
analysis of the H7N9 subtype influenza outbreak in China at its early stage. Chinese
Science Bulletin, doi:10.1007/s11434-013-5880-5
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